Landesverband der Gartenfreunde Sachsen-Anhalt e.V.
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Verfasst am 16.05.2024 um 22:10 Uhr

Beratung zu aktuellen politischen Themen:  Solar und Cannabis

von Rechtsanwalt Patrick R. Nessler, St. Ingbert 


I.  Einführung 

Derzeit treiben die Kleingärtner insbesondere zwei gesetzgeberische Themen um: 

das Gesetz zum Umgang mit Konsumcannabis (siehe II.) 

und 

der vom Land Bayern über den Bundesrat eingebrachte Antrag auf Ergänzung des § 3 Abs. 2 BKleingG um „Photovoltaikanlagen bis zu einer installierten Leistung von einschließlich 800 Watt sind zur Eigenversorgung des Kleingartens zulässig.“ (siehe III.).

 

II. Gesetz zum Umgang mit Konsumcannabis (Konsumcannabisgesetz – KCanG) 


Das Gesetz zum Umgang mit Konsumcannabis (Konsumcannabisgesetz, abgekürzt: KCanG) ist als Art. 1 des Gesetzes zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften (Cannabisgesetz, abgekürzt: CanG) am 27.03.2024 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden und gemäß Art. 15 Abs. 1 CanG überwiegend am 01.04.2024 in Kraft getreten. Die Regelungen des KCanG zu den sogenannten Anbauvereinigungen werden erst am 01.07.2024 in Kraft treten. 


Das KCanG enthält als für das Kleingartenwesen interessante Regelungsbereiche die Regelungen zum straffreien Anbau von Cannabis durch sogenannte Anbauvereinigungen (siehe II.1) und zum straffreien Eigenanbau von Cannabis für den Eigenbedarf (siehe II.2). 


II.1 straffreier Anbau von Cannabis in Anbauvereinigungen 


Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 KCanG ist es verboten, Cannabis anzubauen. 

Von diesem Verbot ist nach § 3 Abs. 3 Nr. 4 KCanG für Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, ausgenommen, der gemeinschaftliche Eigenanbau, die Weitergabe und Entgegennahme von Cannabis in Anbauvereinigungen nach den §§ 11 bis 23, 25, 26 und 29 KCanG. 

Damit stellt sich die Frage, ob auch Kleingartenvereine solche Anbauvereinigungen im Sinne des KCanG sein können (siehe II.1.a), ob Kleingartenvereine Kleingartenparzellen (siehe II.1.b) oder andere Flächen der Kleingartenanlage (siehe II.1.c) an solche Anbauvereinigungen verpachten dürfen. 


II.1.a Kleingartenvereine als Anbauvereinigungen 


Kleingartenvereine selbst können keine Anbauvereinigungen im Sinne des KCanG sein oder werden. 

Kleingartenvereine bedürfen in ihrer Eigenschaft als Zwischenpächter oder Verwalter der Kleingartenanlage der Anerkennung der kleingärtnerischen Gemeinnützigkeit im Sinne des § 2 BKleingG. Ansonsten sind mit ihnen geschlossene Zwischenpachtverträge oder Verwaltungsverträge nichtig (§ 4 Abs. 2 S. 2 BKleingG), mit ihnen geschlossene Zwischenpachtverträge kündbar (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 BKleingG). 


Die Anerkennung der kleingärtnerischen Gemeinnützigkeit setzt zwingend voraus, dass die Satzung des Vereins bestimmt, dass die Organisation ausschließlich oder überwiegend die Förderung des Kleingartenwesens sowie die fachliche Betreuung ihrer Mitglieder bezweckt (§ 2 Nr. 1 BKleingG). 


Gemäß § 1 Nr. 13 KCanG setzt eine Anbauvereinigung im Sinne jenes Gesetzes voraus, dass deren ausschließlicher Zweck der gemeinschaftliche nichtgewerbliche Eigenanbau und die Weitergabe von Cannabis zum Eigenkonsum durch und an Mitglieder, die Weitergabe von Vermehrungsmaterial sowie die Information von Mitgliedern über cannabisspezifische Suchtprävention und -beratung ist. 


Damit ist zwar nicht durch § 2 BKleingG (alleine) ausgeschlossen, dass ein Kleingartenverein auch eine Anbauvereinigung im Sinne des KCanG sein kann. Da aber § 1 Nr. 13 KCanG fordert, dass der Anbau von Cannabis etc. der alleinige Zweck der Anbauvereinigung sein muss und § 2 BKleingG zwingend den Zweck der Förderung des Kleingartenwesens verlangt, ist es rechtlich schlichtweg nicht möglich, dass ein Kleingartenverein auch eine Anbauvereinigung im Sinne des KCanG sein kann. 


II.1.b Verpachtung von Kleingartenparzellen an Anbauvereinigungen


 

Nach § 1 Abs. 1 BKleingG ist der Kleingarten eine Grundstücksfläche, die kleingärtnerisch genutzt wird und in einer Kleingartenanlage liegt, in der mehrere Einzelgärten mit gemeinschaftlichen Einrichtungen, z. B. Wegen, Spielflächen, Vereinshäusern u. a. zusammengefasst sind. Die nicht erwerbsmäßige gärtnerische Nutzung als ein Element der kleingärtnerischen Nutzung ist ein zentrales Merkmal des Kleingartens. Verdeutlicht wird dies durch die „Insbesondere-Regelung“ in dieser Vorschrift. Danach dient der Kleingarten vor allem der  „Gewinnung  von Gartenbauerzeugnissen für den Eigenbedarf“. 


Der BGH hat in zwei Entscheidungen ausdrücklich festgestellt, dass die „Erzeugung von Obst, Gemüse und anderen Früchten durch Selbstarbeit des Kleingärtners oder seiner Familienangehörigen“ ein zentrales Merkmal des Kleingartens ist (BGH, VIZ 2000, 159; BGH, NJ 2004, 510). Der Begriff „Kleingärtner“ bezieht sich dabei auf den Pächter des Kleingartens. Wie sich beispielhaft aus § 12 Abs. 2 BKleingG ergibt, können auch mehrere Personen Pächter eines Kleingartens sein. Doch ist auch in diesen Fällen erforderlich, dass diese Personen in Selbstarbeit den Kleingarten zur Erzeugung von Gartenbauerzeugnissen für den Eigenbedarf bewirtschaften. Deshalb scheiden juristische Personen (z. B. Vereine) als Pächter eines Kleingartens aus, da diese nicht in Selbstarbeit für ihren Eigenbedarf bewirtschaften können (Mainczyk/Nessler, Bundeskleingartengesetz, 13. Aufl. 2023, § 1 Rn. 6). 


Demgegenüber legt § 1 Nr. 13 KCanG fest, dass Anbauvereinigungen nur die Rechtsform eines eingetragenen nicht wirtschaftlichen Vereins oder einer eingetragenen Genossenschaft haben kann. Folglich ist eine Verpachtung von Kleingärten an Anbauvereinigungen nicht mit dem BKleingG vereinbar, da die Anbauvereinigung immer eine juristische Person sein muss, die, wie oben dargestellt, gerade kein Kleingartenpächter im Sinne des BKleingG sein kann. 


II.1.c Verpachtung sonstiger Flächen der Kleingartenanlage an Anbauvereinigungen


 

Es ist nicht per se mit dem BKleingG unvereinbar, Flächen der Kleingartenanlage auch zu einer anderen Nutzung als für Kleingärten zu verpachten (z.B. Schul- oder Tafelgärten). Doch sind diese Flächen jedenfalls keine Kleingartenflächen. Sie dürfen also bei der Frage einer flächenmäßig ausreichenden (klein-)gärtnerischen Nutzung innerhalb einer Kleingartenanlage nicht mitgerechnet werden.  


Darüber hinaus ist meist in den Generalpachtverträgen vereinbart, dass die Fläche dem Zwischenpächter zur Weiterverpachtung zur "ausschließlich" kleingärtnerischen Nutzung überlassen wird. Dann wäre die Verpachtung von Flächen innerhalb der Kleingartenanlage an eine Anbauvereinigung im Sinne des KCanG zum Anbau von Cannabis ein Pachtvertragsverstoß, der den Generalverpächter zur Kündigung des Generalpachtvertrages berechtigen würde. 


Sofern die Kleingartenanlage in einem Bebauungsplan für Dauerkleingärten festgesetzt ist, ist auch insoweit nur eine kleingärtnerische Nutzung im Sinne des BKleingG erlaubt. Neben den Kleingärten sind mithin nur die nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 BKleingG für das Vorliegen einer Kleingartenanlage als erforderlich angesehenen Gemeinschaftseinrichtungen erlaubt. Demnach wäre auch ein Pachtvertrag zur Überlassung von Flächen innerhalb der Kleingartenanlage an Anbauvereinigungen zum Anbau von Cannabis nicht erlaubt. 


II.2 Eigenanbau von Cannabis durch den Kleingärtner


 

Der straffreie Eigenanbau von Cannabis durch Kleingärtner kommt allenfalls dort in Betracht, wo die Laube vom Kleingärtner rechtmäßig zum Wohnen genutzt wird. 


Gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 3 KCanG ist vom Verbot nach § 2 Abs. 1 KCanG für Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, ausgenommen, der private Eigenanbau von Cannabis nach § 9 KCanG. Nach § 9 Abs. 1 KCanG soll Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, an ihrem Wohnsitz oder an ihrem gewöhnlichen Aufenthalt der private Eigenanbau von insgesamt nicht mehr als drei Cannabispflanzen gleichzeitig erlaubt sein. 


§ 1 Nr. 12 KCanG definiert den „privaten Eigenanbau“ als Eigenanbau im Bereich der Wohnung. Gleichzeitig bestimmt § 1 Nr. 16 KCanG, dass "Wohnsitz" der Ort ist, an dem eine Person seit mindestens sechs Monaten eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass sie die Wohnung beibehalten und benutzen wird. 


Gartenlauben in Kleingärten im Sinne des BKleingG dürfen schon nach dem Gesetz keine Beschaffenheit aufweisen, insbesondere keine Ausstattung oder Einrichtung haben, die sie zum Wohnen geeignet machen (§ 3 Abs. 2 S. 2 BKleingG). Damit sind Kleingärten grundsätzlich niemals Wohnsitz. 


Tatsächlich ist in der Begründung zu § 1 Nr. 12 des Gesetzesantrages (Bundestags-Drucks. 20/8704) ausgeführt, dass der Begriff der Wohnung alle privaten Wohnzwecken gewidmeten Räumlichkeiten einschließlich Kleingärten umfasse. Dies widerspricht aber nicht der oben dargestellten Rechtslage und erweitert auch nicht den erlaubten Anbau auf jeden Kleingarten.  


Denn wenn eine Gartenlaube wegen Bestandsschutzes nach § 18 Abs. 2 BKleingG oder § 20a Nr. 8 BKleingG rechtmäßig bewohnt werden darf und bewohnt wird, ist sie Wohnung im Sinne des KCanG. Dann lässt sich die Gartenlaube unter den Begriff des Wohnsitzes i.S.d. § 9 Abs. 1 KCanG subsumieren und kann auch den dazugehörigen Garten umfassen. 


Die vorgenannte Auffassung vertritt auch die Bundesregierung, was das Bundesministerium für Gesundheit dem BKD mit Schreiben vom 15.12.2023 bestätigt hat. 


III.  Antrag auf Ergänzung des § 3 Abs. 2 BKleingG  um „Photovoltaikanlagen bis zu einer installierten Leistung von einschließlich 800 Watt sind zur Eigenversorgung des Kleingartens zulässig.“


Der Freistaat Bayern hat mit seinem von ihm in den Bundesrat eingebrachten Entwurf vom 

29.08.2023 eines Gesetzes zur Änderung des BKleingG (Bundesrats-Drucks. 401/23) beantragt, den § 3 Abs. 2 BKleingG um den Satz "Photovoltaikanlagen bis zu einer installierten Leistung von einschließlich 800 Watt sind zur Eigenversorgung des Kleingartens zulässig" zu ergänzen. Der Bundesrat hat diesem Antrag am 20.10.2023 zugestimmt und dieser wurde dem Bundestag zur Beratung und Beschlussfassung weitergeleitet (Bundestags-Drucks. 20/9645). Dieser Gesetzesantrag wurde bis heute vom Bundestag noch nicht behandelt. 


Die vom Freistaat Bayern als Grund für den Gesetzesantrag angegebene "Schaffung einer rechtssicheren Regelung" sehe ich nicht. Die beantragte Ergänzung des § 3 Abs. 2 BKleingG ist für eine rechtssicheres Betreiben von Photovoltaikanlagen in Kleingärten nicht erforderlich und die beabsichtigte Formulierung dafür auch nicht geeignet (siehe III.1). Im übrigen würde die beabsichtigte Gesetzesergänzung womöglich anderen innovativen Konzepten der Kleingartenvereine für die Gewinnung von Arbeitsstrom entgegenstehen (siehe III.2). 


III.1 Fehlende Erforderlichkeit der Ergänzung des § 3 Abs. 2 BKleingG und Ungeeignetheit des Gesetzesänderungsentwurfs


 

Unzulässig ist nach dem BKleingG nur die Versorgung der Laube mit Elektrizität. Denn sie fördert in ganz besonderer Weise die planungsrechtlich unerwünschte Entwicklung von Kleingartenanlagen zu Baugebieten (Gartenhaus-, Wochenendhaus- und Ferienhausgebieten). Das gilt grundsätzlich auch für Photovoltaikanlagen. 


Soweit Elektrizität aber nicht für die bzw. in der Laube, sondern als „Arbeitsstrom“ zum Betrieb von Gartengeräten zur Bewirtschaftung des Kleingartens genutzt wird, dient sie der kleingärtnerischen Nutzung und ist aus kleingartenrechtlicher Sicht zulässig. Das gilt auch für Photovoltaikanlagen. Hier ist auch § 3 Abs. 1 Satz 2 BKleingG zu beachten, wonach bei der Nutzung und Bewirtschaftung des Kleingartens Belange des Umweltschutzes berücksichtigt werden sollen. Die Eigenproduktion des Arbeitsstroms auf der jeweiligen Parzelle, ohne Verlegung von Leitungen in der Kleingartenanlage und des Bezugs von Elektrizität aus nicht nachhaltigen Rohstoffen dient dem Umweltschutz (Mainczyk/ Nessler, Bundeskleingartengesetz,  13. Aufl. 2023, § 3 Rn. 23).

 

Außerdem ist nach § 35 Abs. 1 Nr. 8 BauGB auch im Außenbereich ein Vorhaben zulässig, wenn es der Nutzung solarer Strahlungsenergie in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden dient und die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, soweit nicht öffentliche Belange entgegenstehen. Demnach darf – vorbehaltlich anders lautender Regelungen eines Bebauungsplanes oder einer vertraglichen Vereinbarung – die Photovoltaikanlage in der Regel auch baurechtlich in zulässiger Weise in, an und auf Dach- und Außenwandflächen einer rechtlich zulässigen Gartenlaube errichtet werden. Natürlich ist zum Erhalt der Rechtmäßigkeit der Laube erforderlich, dass der Anschluss nicht in der Laube erfolgt und dass durch die nicht jederzeitige Verfügbarkeit der Elektrizität oder sonstige Maßnahmen sichergestellt ist, dass der „Arbeitsstrom“ nicht für zum „Wohnen“ einladende Dinge genutzt wird (Mainczyk/ Nessler, Bundeskleingartengesetz, 13. Aufl. 2023, § 3 Rn. 23). 


Dass der mit einer Photovoltaikanlage auf dem Dach einer Laube erzeugte Arbeitsstrom verbotswidrig für die Versorgung der Laube mit Elektrizität verwendet werden könnte, kann alleine nicht zur Rechtswidrigkeit der Photovoltaikanlage führen. Denn dann wäre auch die Versorgung der Parzellen mit Arbeitsstrom als rechtswidrig anzusehen, da auch dieser entsprechend missbraucht werden könnte. 


Selbst wenn die mit dem Gesetzesantrag verfolgte Ergänzung in § 3 Abs. 2 BKleingG in Kraft treten würde, würde dadurch die in der Begründung des Antrages aufgezeigte angebliche rechtliche Unklarheit nicht gelöst. Denn dass eine Photovoltaikanlage in einem Kleingarten betrieben werden darf, verhindert gerade nicht auch die Gefahr, dass die erzeugte Elektrizität zur rechtswidrigen Versorgung der Laube genutzt werden kann. Außerdem bleibt es auch nach der gewünschten Ergänzung des § 3 Abs. 2 BKleingG möglich, dass der Pachtvertrag oder ein Bebauungsplan die Errichtung der Photovoltaikanlage untersagt. 


Die vorgenannte Auffassung vertritt auch die Bundesregierung und hat deshalb in ihrer Stellungnahme zum Gesetzesentwurf an den Bundestag den Entwurf abgelehnt (Anlage 2 der Bundestags-Drucks. 20/9645). 



III.2 Verhinderung anderer innovativer Stromerzeugungskonzepte  


Schließlich würde die beabsichtigte Ergänzung des § 3 Abs. 2 BKleingG wegen der im Antrag enthaltenen Leistungsbegrenzung der dann erlaubten Photovoltaikanlagen womöglich andere innovative Stromerzeugungskonzepte unmöglich machen. 


So sind bereits Konzepte in der Prüfung, nach denen Kleingartenvereine z. B. den Arbeitsstrom für alle Kleingärtner selbst durch das Betreiben einer Photovoltaikanlage erzeugen und dabei die Dächer der Gartenlauben der Kleingärtner nutzen. Durch die beabsichtigte Regelung und die darin enthaltene Leistungsbegrenzung wäre dies womöglich nicht (mehr) umsetzbar. 


Die vorgenannte Auffassung vertritt auch die Bundesregierung und hat deshalb in ihrer Stellungnahme zum Gesetzesentwurf an den Bundestag den Entwurf abgelehnt (Anlage 2 der Bundestags-Drucks. 20/9645). 


Stand: 10.04.2024